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Ackerbohnen: Auf den Teller statt in den Trog


Bianca, Augusta oder Tiffany – welche Ackerbohnensorte macht das Rennen und landet im rein pflanzlichen Burger Patty, an dem die Hochschule Fulda und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) tüfteln? Eine Favoritin gibt es. Ortsbesuch beim nach den Richtlinien von Bioland wirtschaftenden antonius Hof in Fulda.


Nichts weniger als die vegane Variante der berühmten eierlegenden Wollmilchsau möchte das Projekt WKErBo am Ende präsentieren. „Die Patties sollen frei von kennzeichnungspflichtigen Zusatzstoffen und Allergenen sein und einen Proteingehalt von 20 Prozent aufweisen. Sie müssen schmecken, ernährungsphysiologisch wertvoll und für Großküchen tauglich sein“, betonte Prof. Dr. Stephanie Hagspihl von der Hochschule Fulda bei der gestrigen gemeinsamen Exkursion mit Studierenden des Fachbereichs Oecotrophologie auf dem antonius Hof. Die ökologischen Zutaten sollen aus Europa, im besten Fall aus deutschem Anbau stammen. Aus diesem Grund ist bereits Bio-Kokosmehl als Bindemittel ausgeschieden.


Bianca, Augusta oder Tiffany?


Die auszuwählende Sorte muss sich angesichts der seit einigen Jahren spürbaren Folgen des Klimawandels – lange Dürreperioden oder anhaltende Wetterextreme – bestenfalls in allen deutschen Anbauregionen bewähren. Ackerbohnen landeten bislang in erster Linie als Tierfutter im Trog. Entsprechend mager sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse, wenn es darum geht, den Umweg über den Futtertrog zu meiden und die Ackerbohnen direkt für den menschlichen Verzehr zu nutzen. Auch die Pflanzenzucht präsentiert sich überschaubar. „In den letzten zehn Jahren sind keine neuen Sorten hinzugekommen. Es braucht die Akzeptanz bei den Verbrauchern und Verarbeitern“, betonte Peter Linz, ehemaliger Leiter des antonius Hofs und im Projekt verantwortlich für die Bereiche Rohstoffsicherheit und Wirtschaftlichkeit. Die Bio-Lebensmittelbranche alleine werde die Wissenslücken nicht umfassend und schnell genug füllen können. Große konventionelle Player wie Südzucker, die in Anbau und Verarbeitung von Ackerbohnen einsteigen, seien daher für ein Vorankommen entscheidend.

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Linz klarer Favorit ist die Sorte Bianca: Sie ließ sich am leichtesten schälen, weist im Vergleich mit Augusta und Tiffany einen höheren Eiweißgehalt auf, ist frei von Tannine und hat zumindest im rohen Zustand geschmacklich die Nase vorn. Spätestens am 1. September muss an der Hochschule die definitive Auswahl getroffen sein. (Nachtrag 4. September 2024: Tiffany hat das Rennen für sich entschieden. Die Sorte konnte in puncto Geschmack (weder bitter noch muffig) überzeugen und weist im Vergleich den höchsten Proteinwert aus, auch der Ernteertrag ist gut.)


Etwas günstiger, bitte


Das erste Mal auf hungrige Gäste könnten die Patties dank der Großküche von antonius treffen, ein dortiger Testlauf ist zumindest angedacht. „Wir müssen die Kosten senken, momentan bewegen wir uns im Rahmen eines Veggie-Steaks“, erklärte Linz und sprach damit einen wesentlichen Kern an. Bio scheitert in der Außer-Haus-Verpflegung weniger am Willen des Küchenpersonals, sondern eher weil Bio-Lebensmittel nicht im ausreichendem Maße verfügbar sind und noch häufiger an den höheren Kosten.


Die Testproduktion für die Prototypen kennzeichnet vor allem lange Wege, entsprechend teuer ist die Logistik: Im hessischen Fulda geerntet, werden die Bohnen in der Antersdorfer Mühle im bayerischen Simbach an der Inn geschält. Im baden-württembergischen Sinsheim wird das Eiweiß verschoben (Proteine isoliert), im hohen Norden – genauer gesagt in Bremerhaven – erblickt das Extrudat das Licht der Welt. Für die Produktion anlässlich der Testläufe in Großküchen sucht das Projekt einen neuen Extrudathersteller. Bezüglich des Endprodukts Patty ist man mit dem bayerischen Bio-Hersteller Soto, Spezialist für vegetarische und vegane Fertigprodukte, im Gespräch.


Regionale Wertschöpfungsketten sind daher das ausdrücklich erklärte Ziel, wofür das Projekt eine Blaupause für alle Verarbeitungsschritte mit einer auch in Großproduktion funktionierenden Rezeptur liefern soll. Endet es am 30. Juni 2026 wird sich zeigen, ob Akteure der Bio-Lebensmittelbranche und der Außer-Haus-Verpflegung in ihren jeweiligen Regionen zusammenfinden oder es vielleicht sogar schon haben.

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Staatliche Förderung

Das Projekt WKErBo wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau gefördert. Das FiBL hat 305.000 Euro erhalten, die Hochschule Fulda 259.830 Euro. Letztgenannte hofft auf eine Nachfinanzierung, um auf 274.000 Euro zu kommen.

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