Als Enkelin des Gründers ist Sophie Schweisfurth mit den Herrmannsdorfer Landwerkstätten im bayerischen Glonn aufgewachsen. Ab Mai 2018 wirkte sie dort als Geschäftsführerin, war vorher bereits vielfach eng eingebunden. Zum 1. August ist sie zurückgetreten und hat das Unternehmen verlassen. Der Wechsel in der Geschäftsleitung wurde nicht aktiv kommuniziert.
„Ich bedaure sehr, dass sich nach meinen 6,5 Jahren bei Herrmannsdorfer herausgestellt hat, dass es unterschiedliche Vorstellungen zur Fortführung des Unternehmens gibt. Deshalb habe ich auf eigenen Wunsch die Geschäftsführung abgegeben und das Unternehmen verlassen. Weiterhin bleibe ich dem Familienunternehmen Herrmannsdorfer als Gesellschafterin verbunden“, teilt Sophie Schweisfurth auf Nachfrage schriftlich mit.
Ihr Ehemann Mathias Stinglwagner war ebenfalls in der Geschäftsführung tätig, und hat sich ebenso zurückgezogen. Die junge Familie hatte ihr Leben und Wirken auf die Herrmannsdorfer Landwerkstätten ausgerichtet. „In Herrmannsdorf einen Beitrag zu leisten, die Vision und Idee von Karl Ludwig Schweisfurth für die nächste Generation zu erhalten und in unsere Zeit zu führen, ist eine wunderbare Gelegenheit, etwas beizutragen, die Welt ein bisschen besser zu machen“, wird Stinglwagner auf der Internetseite des Unternehmens zitiert.
Alleiniger Geschäftsführer ist nun Karl Schweisfurth. „Die Ausrichtung des Unternehmens bleibt erhalten: echtes, ehrliches Handwerk“, teilt er auf Nachfrage schriftlich mit. Der Sohn des Gründers leitete bereits von 1996 bis 2018 die Herrmannsdorfer Landwerkstätten als Geschäftsführer. Da er sich damals verstärkt um den landwirtschaftlichen Bereich kümmern wollte, stieg schließlich seine Nichte Sophie Schweisfurth ursprünglich in die Geschäftsführung ein.
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Von der Massenproduktion zurück zum Handwerk
Den Grundstein legte der gelernte Metzger Karl Ludwig Schweisfurth, der zwei Leben gelebt hat. Eines als indirekter Treiber der industriellen Tierhaltung und später als Bio-Pionier. Zunächst baute er das beschauliche Familienunternehmen Herta zu einem der großen Fleisch- und Wurstproduzenten Europas aus. Ab einem gewissen Punkt schlichen sich erste Zweifel ein, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Seine Kinder übten vermehrt Kritik an der Unternehmensgröße, hinzu kamen Qualitätsprobleme. „Mit den abgelieferten Schlachttieren stimmte etwas nicht mehr. Die Schweine schienen mir körperlich und geistig gestört, die Kühe waren nur noch Ständer für große Euter“, sagte Schweisfurth im Spätsommer 2019 im Interview für das Buch „Für unsere Zukunft – Wie Bio-Pioniere die Welt verändern“.
Schließlich verkaufte er 1986 Herta an Nestlé und fing mit den Herrmannsdorfer Landwerkstätten unter ökologischen Vorzeichen noch einmal von vorne an. Landwirtschaft, Schlachtung, Verarbeitung und dank eigener Filialen auch ein Teil des Handels sind unter einem Dach vereint. Handwerkliches Arbeiten statt Fließband wird groß geschrieben. Im Februar 2020 verstarb Karl Ludwig Schweisfurth.
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