Niedliche Küken möchten verspeist werden
Ein gutes Gewissen vermitteln zu können ist seit jeher verkaufsfördernd. So auch im Falle von Bio-Eiern, die nach den Richtlinien der Anbauverbände Bioland, Naturland, Demeter und Biokreis zertifiziert sind. Die ökologische Aufzucht der Bruderhähne ist verpflichtend, zu jeder Legehenne ein Hahn. Auch unter EU-Bio ist dies mitunter gelebte Praxis. Wer allerdings die ökologische Aufzucht der Bruderhähne fordert, muss auch konsequent deren Fleisch nutzen – und zwar jetzt.
Bruderhahnprojekt der Bio-Handel Nordwest läuft aus
„Der Grundgedanke die Bruderhähne aufzuziehen anstatt als Embryo im Ei auszusortieren ist ein guter. In diesem spannenden Thema steckt viel Potenzial“, sagt die ausgebildete Landwirtin und Agrarwirtschafterin Larissa Ochel, die das Bruderhahn-Projekt der Bio-Handel Nordwest leitet. „Die Infrastruktur, um hofnah schlachten und verarbeiten zu können, ist mittlerweile vorhanden.“ Da sich die Bruderhähne allerdings nur schwerlich vermarkten ließen, läuft das vom Bundeslandwirtschaftsministerium mit rund 150.000 Euro geförderte Projekt planmäßig nach drei Jahren zum 30. September aus. Etwa 110.000 Bruderhähne konnten abgesetzt werden, mittlerweile sind keine mehr eingestallt. Hauptproblem: hohe Kosten und schwache Nachfrage.
Bruderhahn, Zweinutzungshuhn kurz und knackig
Zum Tag des Zweinutzungshuhns am 22. Januar hatte die gemeinnützige Ökologische Tierzucht gemeinsam mit Neuland nach Berlin geladen. Einen kurzen, knackigen und allgemeinverständlichen Vortrag zum Stand der Zucht von Zweinutzungsrassen gab Prof. Dr. Bernhard Hörning vom Fachgebiet Ökologische Tierhaltung an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Den Vortrag kann man bei „über bio“ komplett nachhören.
Muss Spuren vom Bruderhahn enthalten
Als die vier großen Anbauverbände und weite Teile der Bio-Lebensmittelbranche sich einigten, dass Bruderhähne der Legerassen aufgezogen werden müssen und die Geschlechtsbestimmung im Ei geschlossen ablehnten, war die Welt eine andere. In den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie schoss die Nachfrage nach hochwertigen und damit hochpreisigen Bio-Produkten schlagartig in die Höhe. Die Vorzeichen haben sich umgekehrt und die unwirtschaftliche und ökologisch fragwürdige Aufzucht der Bruderhähne hat sich vielerorts zu einem finanziellen Problem entwickelt. Wie das zu lösen ist, diskutierten Vertreter der Anbauverbände Bioland, Naturland, Demeter und Biokreis auf der Fachmesse BioSüd in Augsburg. In einem waren sie sich einig: Auf freiwilliger Basis kann es bei Verarbeitern und Handel nicht mehr weitergehen.
Der Bruderhahn soll bleiben – Bio-Fachhandel ist gefordert
„Es ist notwendig, trotz Krise weiter an einer zukunftsfähigen ökologischen Geflügelzucht und -haltung mitzuwirken, und insbesondere unter ethischen Gesichtspunkten die ökologische Nutztierhaltung weiter zu entwickeln“, mahnt die Brudertier Initiative Deutschland (BID) anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens in einem Positionspapier an. „Der Bruderhahn ist ein politisches Statement, dazu gedacht, den Weg für andere Strukturen in der Geflügelhaltung zu ebnen“, erklärt Demeter-Landwirt Carsten Bauck, Gründungsmitglied der BID, in der dazugehörigen Pressemitteilung.